Liebe Schwestern und Brüder,
das Jahr neigt sich langsam dem Ende entgegen. Wir erinnern uns an die Verstorbenen dieses Jahres, wir bereiten uns vor auf Weihnachten und den Jahreswechsel, wir planen das neue Jahr in unseren Gemeinden. Wie wird es werden?
Besonders die Advents- und Weihnachtszeit ist mit manchen Erwartungen immer wieder verbunden – es soll alles anders sein als sonst, in der Familie, im Zusammenleben, in uns selbst, in unserer Beziehung zu Gott. Harmonischer soll es sein oder klarer oder jedenfalls besser. Eine Erwartung, die nur enttäuscht werden kann, weil sie auf einer Täuschung beruht.
Schon Maria und Joseph hatten keine Zeit, sich vorzubereiten. Es traf sie mitten im Alltag – die Forderungen des Herrschers mussten erfüllt werden, die Reise mit einer Schwangeren organisiert werden, die alltäglichen Mühen von Missgunst, Angst vor Fremden mussten ertragen, die Suche nach einem kleinen Platz als Rückzugsort musste erledigt werden. Alles irgendwie spontan, kurzfristig, improvisiert. Aber intensiv! Gott ist zu ihnen gekommen. Sie hatten nicht damit gerechnet. Aber ihnen wird hell und klar: Ehre sei Gott! Friede auf Erden! Mitten im Leben.
Das wärs, oder? Frieden auf Erden. Anerkennung des anderen als gleichwertigen Menschen. Im Großen und im Kleinen müssen sich das Menschen immer wieder erobern, ja erkämpfen.
Ein Kalenderspruch begleitet mich seit Jahren: Wer lebt, stört. Sobald ein paar unterschiedliche Menschen zusammen kommen, gibt es immer etwas oder einen, der stört.
Und wie dieses Kind in der Krippe gestört hat, schon als es geboren wurde! Die Menschen in Bethlehem hat es gestört, sie konnten und wollten nicht zusammenrücken. Später störte Jesus als Jugendlicher, der den klugen Gelehrten dazwischen redete. Und dann, wie er den Menschen sagte, dass Gott die Menschen liebt, ohne irgendwelche Anforderung. Jesus, der alle Menschen annimmt. Auch die, die nicht ins Gesellschaftsbild passten. Er sagte: Für euch ist Gott da, er sieht euch, macht euch nichts daraus, was über euch geredet wird. Und heute ist Jesus genauso störend. So manchem fällt es schwer zu glauben, dass der Jude Jesus der Sohn Gottes sein soll. Wer lebt, stört und Jesus hat gelebt und hat gestört – damals wie heute.
Wir möchten Weihnachten gern als Fest der Liebe und des Friedens feiern.
Bitten wir darum, dass wir offen miteinander umgehen.
Bitten wir für die, die sich vor Anschlägen fürchten.
Bitten wir für die in Not, in Trauer, in gesellschaftlicher Unruhe.
Gerade die Störungen des Friedens, die Störungen des Lebens sind es, die uns erinnern: Schmückt eure Wohnungen, zieht Festkleidung an. Lasst Euch Advent und Weihnachten in der Nase und auf der Zunge zergehen! Kommt zusammen als Familie und als Freunde! Damit wir uns des Lebens versichern.
Ihr Eckart Warner