Als ich ein Kind war, in Thüringen, war es nachts still im Dorf. Daran habe ich mich in den letzten Monaten oft erinnert. Auch bei uns allen war es oft stiller als sonst. Und dann hörst du plötzlich: Wind in den Zweigen, Wasser plätschert, Vögel zwitschern, Katzen miauen, Hunde bellen, manchmal Frösche im fernen Teich. So war es vielleicht auch am Anfang der Welt.
Und eines Tages erhoben die Menschen ihre Stimmen. Sie begannen zu reden. Irgendwann sang jemand das erste Lied. Wie mag das geklungen haben? Misstöne gab es auch. Streit mit harten Worten und Gewalt gegen andere, die scheinbar fremd sind oder anders aussehen. Grobes Gebrüll auf den Plätzen. Dann wieder zarte Töne wie das Geflüster von Liebenden in der Nacht. So klingt die Welt. Von Anbeginn bis heute. Aber wie klingt Gott?
»Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel
und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen.«
So hat Gott geklungen zu Pfingsten. Ein Brausen, viel mehr als Wind. Das hat die Herzen bewegt, wurde Stimme, Klang, Resonanz. Und ein klares Wort. So klingt Gott.
»Glaubt an Jesus, liebt Gott und euren Nächsten wie Euch selbst.«
Als ich klein war, sollte ich auch Klänge hervorbringen. Ich ging zum Geigenunterricht. Besonders gut ist es nie geworden. Horst Sturm hat in der Gitarrengruppe einmal eine stumme Gitarre mitgebracht. Das ist ein Instrument zum Üben und ganz dünn. Nur die Wirbel, das Griffbrett, die Saiten. Ein Instrument ohne Bauch. Es klingt ganz leise und dünn. So stört es niemanden. Meine Geige ist anders. Sie hat einen Körper, einen Bauch aus Holz. Und der ist hohl. So ist es richtig. Nur deshalb klingt die Geige. Sie kann jubeln und klagen, laut sein und leise.
Wie klingt Gott? Vielleicht klingt Gott wie wir. Er spielt auf unseren besten Saiten, streicht sanft über unser Leben – und manchmal voll Kraft. Dann fängt unsere Seele an zu schwingen, klingen unsere Stimmen. Und wenn unser Leben manchmal hohl ist, traurig und mutlos, dann fängt Gott an, genau da zu klingen. Gott klingt in uns und wir klingen in der Welt. Klare Worte und sanftes Trösten. Einstehen für das, was wahr ist. Sich gegen Lügen stellen. Position beziehen für das Leben.
Stille aushalten. Und dann wieder klingen, aussprechen und handeln, Gott Raum und Resonanz geben.
Ich grüße Sie herzlich,
Ihr Eckart Warner